Marokko – Berge und Wüste
Eine Radreise von Marrakesch über den hohen Atlas in die Wüste und zurück.
Ich wollte über Ostern mal wieder etwas mit dem Rad los – aber das Wetter in Deutschland ist ja bekanntlich nicht so gut zu dieser Jahreszeit.
Also habe ich etwas im Netz recherchiert und dann stand fest: Es geht nach Marokko – von Marrakech über den hohen Atlas in die Wüste und zurück.
Ein Flug ab DUS mit Eurowings war schnell gebucht, und die ersten zwei Übernachtungen im Riad Dihya auch.
Nachdem ich dem grauen Europa am Flughafen den Rücken gekehrt habe, stand ich einige Stunden später unter der Sonne Afrikas mitten in der Medina von Marrakesch. Hier war es heiß, geschäftig, laut und voll. In den engen Gassen boten viele Händler ihre Waren an. Auf dem großen Djemaa el Fna gab es Schlangenbeschwörer, unzählige Essensstände, fliegende Händler und eine unbeschreibliche Geräuschkulisse. Im Licht der untergehenden Sonne ein toller Eindruck. Wobei ich mich als Tourist manchmal regelrecht bedrängt gefühlt habe von den Händlern und anderen Akteuren. Sobald auch nur der Fotoapparat sichtbar war wollte man Geld, an jedem Essenstand wurde man sehr direkt angesprochen hier doch zu essen, und was immer man in einem Laden länger wie 5 Sekunden angesehen hat war der beste Deal zum besten Preis. Halt ein riesiger Markt in Afrika.
Nach einem erlebnisreichen Tag in Marrakesch ging es am nächsten Tag auf das Rad und raus in Richtung Berge. Mit GPS und Handy-Navigation habe ich einen Weg aus der riesigen Stadt gesucht und gefunden. Auf der N9 ging es die ersten 35km flach und schnell aus der Stadt raus und schon bald türmten sich vor mir die Berge des hohen Atlas auf. Ab Ait Ourir ging es dann bergauf und eine riesige Straßenbaustelle zog sich die nächsten 40km den Berg hoch. Baustellenfahrzeuge, Staub und Lärm begleiteten mich auf dem Weg nach oben. Zelten war hier unmöglich und so bin ich an diesem ersten Radtag bis Taddert gefahren – 92km. Das war mit der Steigung am Berg schon ganz ordentlich und ich war froh, gegen 19:00 Uhr ein einfaches Hotel mit Dusche gefunden zu haben. Den Staub und Dreck abduschen, Radklamotten kurz durchwaschen und nach dem Essen ging es ziemlich ko in´s Bett.
Am nächsten Tag ging es nach dem Frühstück sofort weiter bergauf – zum Pass Tizi-n-Tichka auf 2.260m. Die Ausblicke waren spektakulär und die Anstrengung wert. Nach dem Pass habe ich die N9 verlassen und bin auf Seitenstraßen in Richtung Ait Ben Haddou gefahren. Die Landschaft lässt einen auf dem Mars vermuten – alles ist rot. Mit viel (Gegen-) Wind erreiche ich einen kleinen Ort mit einfachem Hotel. Für 270DH kann ich hier übernachten, Abendessen und Frühstück inklusive. Auch hier liege ich nach 80 Tageskilometern abends ziemlich ko im Bett.
Tag drei führte mich in die große Stadt Quarzazate. Auf einer Piste, die mir von Lokals ans Herz gelegt wurde, sollte ich durch eine tolle Landschaft radeln und so die Stadt ohne viel Verkehr erreichen. Hörte sich gut an und so bin ich von der Straße abgebogen auf die Piste. Und ja, die Strecke war landschaftlich wirklich sehr schön. Zum Ender der Strecke wunderte ich mich nur über die starke Militärpräsenz – bis ich bemerkte, dass ich mitten in einem militärischen Sicherheitsbereich war, war ich auch schon von drei Jeeps umzingelt. Bewaffneten Militärs sprangen aus den Autos und ich fühlte mich etwas unwohl dabei. Irgendwo war ich wohl falsch abgebogen. Mein Pass wurde kontrolliert, meine Taschen durchsucht und alle Bilder auf meinem Fotoapparat angesehen. Gott sei Dank, hatte ich keine Fotos in diesem Gebiet gemacht. Da ich kein französisch spreche und die Militärs kein englisch, half man sich mit Händen und Füßen und der Google-Übersetzer-App. Nachdem ich wohl als ungefährlich eingestuft wurde, erklärte man mir ganz genau den Weg, den ich nach Quarzazate nun zu nehmen hatte. Nach diesem Erlebnis erreichte ich dann die Stadt und machte erst mal eine etwas längere Mittagspause bevor es dann auf der N10 weiter ging in Richtung Skoura.
Die N10 ist auch die „Straße des Kasbahs“ – eine Straße mit tollen landschaftlichen Ausblicken. 40km entspanntes Fahren, dann wurde die Bebauung dichter, denn es ging auf Boumalne-du-Dades zu.
Die Dades-Schlucht war eines der nächsten Highlights auf dieser Tour. Die Landschaft war beeindruckend und in einigen heftigen Serpentinen ging es aus der Schlucht raus. Nach einem leckeren Mittagessen (zu empfehlen ist in Marokko Tajine, Brochette oder Kefta) ging es weiter in Richtung Msemrir und dann in Richtung Osten auf eine Piste mit einem namenlosen Pass auf 2.800m. Die Piste machte ihrem Namen alle Ehre – viel schieben war angesagt, denn der Weg war mit sehr grobem Schotter, Steinen und Schlaglöchern kaum zu befahren. Zwei Autos haben mich auf der Piste überholt und ich frage mich, wie die Autos das ausgehalten haben. Gegen 18:00 Uhr war ich oben am Pass und konnte einen wunderschönen Sonnenuntergang in den Bergen erleben. Hier oben wollte ich aber nicht übernachten, da Hirten und Hunde in der Nähe waren. Also noch eine Stunde die Piste runter gehuckelt und dann hatte ich einen schönen Campingplatz gefunden. Mit T-Shirt habe ich vor dem Zelt gekocht und mich dann in den Schlafsack gelegt. In der Nacht bin ich wach geworden, da es verdammt kalt wurde und anfing zu regnen. Also ein paar warme Sachen angezogen, umdrehen und weiterschlafen.
Die Kälte kam von einem Wetterumschwung – und als ich morgens aus dem Zelt schaute, war alles Weiß. Bei Schneefall und echt kalten Temperaturen baute ich mein Zelt ab und machte mich auf den Weg. Zwei Hirtenhunde wollten mich noch ärgern, diese konnte ich mit Steinwürfen aber auf Distanz halten. Gegen 10:0 Uhr erreichte ich dann mit eisigen Händen eine Herberge im Nichts. Man hatte mich schon von weitem gesehen und so war schon Tee gekocht und der Ofen angeheizt. Gastfreundlich lud man mich ein, um mich aufzuwärmen und Tee zu trinken. Da es nicht danach aussah als wenn es aufhören würde zu schneien, entschloss ich mich nach einer langen Pause, weiterzufahren. Was ich auf dem weiteren Weg runter nicht bemerkte war, dass der Schnee/Regen die Piste aufgeweicht hatte und in eine matschige Lehmpiste verwandelt hatte. Nach 2 km steckte ich fest und das ganze Rad, die Taschen und ich waren voller Lehm. Es ging so keinen Zentimeter mehr weiter. Weder auf noch neben der Straße. Meine Räder, die Kette und die Schaltung waren voller Lehm, den man nicht mehr abbekam. Also das Rad unter den Arm geklemmt und zurück zur Herberge. Das war verdammt anstrengend, da ich mein Rad nicht mal mehr schieben konnte. Auch hier sah man mich zurückkommen, und die netten Leute haben mir die letzten Meter mein Rad abgenommen.
Da das Wetter keine Anstalten machte, besser zu werden, war nun guter Rat gefragt. Man bot mir an, ein Taxi zu rufen, dass mich in die nächste Stadt bringt. Kein billiger Spaß, aber ich willigte ein. Und so stand 2 Stunden später ein Auto hier oben, lud meine Sachen ein und fuhr mit mir runter nach Tinghir. Hier hielten wir als erstes an einer Autowaschanlage, um mein Rad wieder sauber zu bekommen. Dann ging es in ein Hotel und die Handwaschmaschine auf dem Dach des Hotels wurde angeworfen, um meine Sachen auch wieder sauber zu bekommen. Das war ein ziemlich heftiger Radtag – aber im nachhinein betrachtet auch ein krasses, unvergessliches Erlebnis. Hier unten in Tinghir waren es übrigens wieder 25 Grad – und man hatte einen tollen Blick auf die verschneiten Berggipfel, wo ich eine Nacht zuvor noch geschlafen hatte.
Danach ging es weiter bergab und in die Wüste. Die Sonne brannte, der (Gegen-) Wind blies, und die Kilometer auf der N12 liefen nur so. 114km am ersten Tag, dann zelten in der Wüste, und 140km am zweiten Tag. Und eh ich mich versah, war ich auch schon in Zagora. Der südlichste Punkt meiner Reise. Auch wenn es kulinarisch nicht passt, so habe ich abends hier eine riesige Pizza gegessen und die quirlige Stadt genossen.
Von Zagora aus ging es durch eine nicht enden wollende Palmenoase über die N9 wieder zurück in Richtung Marrakesch. An diesem Tag waren es angenehme 90km durch die Oase bis Tamnougalt. Hier habe ich noch eingekauft und wollte noch ein paar Kilometer die Passstraße zum Tizi-n-Tinififft hoch. Das war aber eine blöde Idee. Wäre ich mal besser in dem Ort geblieben. Denn die Passstraße zog sich hoch in die gefühlte Unendlichkeit. Nach zwei Stunden wurde es so langsam dunkel und weit und breit war kein geeigneter Zeltplatz zu finden. Irgendwann habe ich dann kurz vor der völligen Dunkelheit einen halbwegs passablen Platz gefunden. Allerdings pfiff hier oben der Wind so stark, dass Kochen ausfiel und ich mich ziemlich ko in den Schlafsack gelegt haben. Hier gab es dann zum Abendessen trockenes Brot, eine Banane und zwei Snickers. War auch lecker. Schlafen war in der Nacht aber schlecht, da der Wind schon fast orkanartig an meinem Zelt rüttelte und es wahnsinnig laut war.
Jeder nach geht mal vorbei – so auch diese. Und am Morgen war alles wieder ruhig und die Sonne schien vom blauen Himmel. Es ging immer noch weiter bergauf und irgendwann im laufe des Vormittags erreichte ich den Pass auf 1.600 Meter. Ein kurzer Fotostopp und dann rasant bergab in´s nächste Dorf zum Frühstücken. Der weitere Weg des Tages ging im hügeligen auf und ab nach Quarzazate und hier traf ich dann wieder auf die Strecke, die ich bereits teilweise gefahren war. Allerdings war der Verkehr diesmal mörderisch. LKW´s, Busse und Autos überholten so schnell und knapp, dass ich manchmal echt Angst hatte im Graben zu landen. Lautes fluchen und schreien half etwas, machte es aber nicht besser. Nachdem die Verkehrssituation sich etwas beruhigt hatte, radelte ich noch einige KM auf der N9 und fand dann ein nettes Hotel. Aufgrund der windigen Nacht zuvor, kehrte ich hier ein und genoss ein leckeres Abendessen unter einem Orangenbaum.
Eigentlich war ja im Vorfeld geplant, von Quarzazate mit dem Bus zurück nach Marrakesch zu fahren. Aber da ich gut in der Zeit lag, konnte ich auch mit dem Rad zurück fahren. Also noch mal hoch auf den Tizi-n-Tichka und dann durch die große Baustelle bergab wieder zurück in das quirlige Marrakesch.
Fazit: Die Radroute, die ich durch das Land gewählt habe, war gut zu fahren. In 12 Radtagen habe ich 1.040 km und einige Höhenmeter geschafft.
Die Landschaft ist abwechslungsreich (Stadt, Berge und Wüste) und man kann für wenig Geld Übernachten und Essen. Ein Zelt ist also nicht unbedingt erforderlich. Die Menschen auf dem Lande sind nett, die Kinder waren manchmal etwas frech (mir wurden derbe englische Schimpfwörter um die Ohren gehauen – Steine wurden aber nicht geworfen, wie ich das in anderen Blogs gelesen habe). Die großen Städte sind touristisch und überall will man hier den Touristen was verkaufen oder Touren andrehen. Das nervt manchmal etwas.
Die Tour war für 14 Tage perfekt – man hat viel gesehen und erlebt und war in unterschiedlichen, kontrastreichen Landschaften unterwegs. Bis auf eine Teilstrecke, war der Straßenverkehr ok. Sicherheitsbedenken hatte ich auch keine. Einzig ein paar Hirtenhunde in den Bergen haben neben dem Verkehr für etwas Herzklopfen gesorgt.
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