Georgien – Land der Berge
Im ständigen auf und ab durch das Grenzland zwischen Europa und Asien
Im Internet hatte ich eine interessante Tour durch Georgien entdeckt. Ausgelegt auf Bikepacking sollte die Tour 1.200km durch das Land führen. Hörte sich interessant an – war aber in der Praxis mit meiner körperlichen Verfassung und den Radtaschen am Rad eine Herausforderung, die ich diesmal nicht gewonnen habe.
Aber der Reihe nach: Vom Flughafen FMO ging es über München in die Hauptstadt Georgiens – nach Tbilisi. Mit dem Radkarton wurde nicht ordentlich umgegangen, er war unten auf, das Rad schaute heraus und die Schaltung hatte einen derben Schlag mitbekommen und war nicht mehr ganz funktionstauglich. Also war die erste Amtshandlung die Suche nach einem Radladen, den ich schnell gefunden hatte, und die den Schaden von einem auf den anderen Tag behoben haben.
Zwei Tage hatte ich Zeit, die kopfsteingepflasterter Altstadt und alles drum herum zu erkunden. Die vielfältige Architektur umfasst ost-orthodoxe Kirchen, prächtige Gebäude im Art nouveau-Stil und modernistische Sowjetbauten. Über der Stadt thronen die wiederaufgebaute Festung Narikala aus dem 4. Jh. und die berühmte Statue von Kartlis Deda, der „Mutter Georgiens“.
Und dann ging die Tour los – und sofort in die Vollen. Der Weg aus der Stadt war schon eine Herausforderung, da es für Radfahrer in Tiflis keine Infrastruktur gibt und alles auf Autoverkehr ausgelegt ist. Endlich aus der Stadt raus fing es an zu Regnen und es ging stetig bergauf. Mein GPS führte mich über abenteuerliche Wege immer weiter in die Berge hinauf und aufgrund der schlechten Pisten war mehr schieben wie fahren angesagt. Nach endlosen Stunden in einer grandiosen Landschaft war der erste Gipfel der Tour erreicht und es schloss sich eine atemberaubende Talfahrt an. Nach 68km war der erste Radtag geschafft. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich körperlich nicht in der üblichen Form war.
Tag zwei hatte Gegenwind parat, die Strecke war aber ok und gegen Abend bin ich mit zwei Radlern aus Frankreich bei einem super Warmshowers-Gastgeber in Khashuri gelandet. Dusche, Waschmaschine, kaltes Bier und ein Lagerfeuer im Garten ließen den Tag wunderbar ausklingen.
Die geplante Bikepacking – Route aus dem Netz habe ich am dritten Tag verworfen, da es irgendwie nicht so richtig rund lief bei mir. Und so habe ich mir meinen eigenen Weg durch das Land gesucht und mich aufgemacht in Richtung Kutaisi und von dort dann hoch in den Kaukasus nach Mestia, nah der russischen Grenze.
Die Straßen waren ein einziges auf und ab in einer beeindruckenden Landschaft. Kleine Orte mit mal mehr, mal weniger gut bestückten Läden lagen auf dem Weg – und in all den Läden gab es fast immer frisches Bier vom Fass. Für mich als Radler tagsüber natürlich nicht so die Lösung – ich hatte aber hier und da das Gefühl, dass einige Locals morgens zum Frühstück schon den ein oder anderen Humpen genommen hatten. Letztendlich egal, denn nett und freundliche waren die Menschen im Land immer zu mir.
Das ständige auf und ab und die zunehmenden Attacken von Hunden machten mir von Tag zu Tag mehr zu schaffen und ich kam überhaupt nicht richtig in Tritt.
Auf meinem Weg von Lentekhi nach Ushguli wurde mir dann alles abverlangt. Die „Straße“ war eine Schlaglochpiste, es ging bergauf und als ich Abends endlich einen Zeltplatz gefunden hatte, haben mich die Mücken völlig zerstochen. Ich war hoch oben in den Bergen und mein Zeltplatz wurde auf drei Seiten von hohen Bergen umrahmt. Unten im Tal wurde es dunkel und als ich im Zelt lag, hörte ich es unten im Tal leise donnern. Was dann eine halbe Stunde später über mich hereinbrach, das hatte ich auf all meinen Touren so auch noch nicht erlebt. Das Donnergrollen kam immer näher, Blitze zuckten vom Himmel. Die Nacht war so schon tiefschwarz – doch als das Gewitter über meinem Zelt stand, war es draußen stockfinster. Die Blitze zuckten im sekundentakt und der Donner war ohrenbetäubend laut. Starkregen prasselte auf mein Zelt und der Boden unter mir verwandelte sich in einen Bach.
Da ich im absoluten Nichts war blieb mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass ich dieses Unwetter unbeschadet überstehe. Und ganz ehrlich: so eine Angst wie in diesen 20 Minuten hatte ich schon verdammt lange nicht mehr.
Nach 20 Minten zog das Unwetter weiter, das Wasser am Boden floss schnell wieder ab und weitere 30 Minuten später hörte man nur noch in der Ferne ein leises Grummeln. Ich habe in dieser Nacht nicht mehr viel geschlafen, da zwei Stunden später noch mal ein Gewitter unten im Tal aufkam – dieses kam aber – Gott sei Dank – nicht mehr in meine Richtung.
Am nächsten Morgen machte die Bergwelt um mich herum den Eindruck, als wäre nichts Besonderes gewesen. Für mich war die Tour aber ab diesem Zeitpunkt irgendwie gelaufen. Das hatte ich auf all meinen Touren zuvor so noch nie erlebt. Aber irgendwie war der Wurm drin. Ich bin dann weiter nach Zugdidi geradelt und habe mir überlegt wie es weitergeht. Den Plan, ans Schwarze Meer zu fahren und dort ein paar Tage Sonne zu tanken, musste ich aufgrund einer Schlechtwetterfront verwerfen. Also habe ich mir überlegt, mit dem Zug zurück nach Tiflis zu fahren, von dort noch zwei Tagestouren in die Umgebung zu machen und dann nach Hause zu fliegen. Es machte irgendwie keinen Sinn mehr, noch weiterzufahren, da es mehr Quälerei als alles andere war.
Mit dem Zug ging es dann für 20 Lari zurück nach Tiflis. Von hier aus habe ich noch ganz entspannt eine Tagestour entlang der Heerstraße und eine Tagestour nach Gori gemacht. Das war ein schöner Ausklang meines zweiwöchigen Ausflugs nach Georgien.
Fazit: Tiflis ist eine sehenswerte Stadt und wer Berge mag, wird an Georgien seinen Spaß haben. Vor allem die Region Swanetien und der nördliche Teil der Heerstraße sind einen Besuch wert.
Die vielen Klöster und Kirchen im Land sind auch immer eine Besichtigung wert.
Khachapuri und Khinkali sollte man sich nicht entgehen lassen – und wenn man die Gastfreundschaft der georgischen Herbergen in Anspruch nimmt, wird einem auch erklärt, wie man Khinkali richtig isst.
Für mich war es nur leider diesmal nicht der Urlaub, den ich mir erhofft hatte. Den von Erholung (was Radfahren für mich nun mal ist) war diesmal nichts zu spüren – was wohl an meiner Verfassung und was auch immer gelegen hat. Und die Entscheidung abzubrechen war die Richtige, auch wenn sie schwer gefallen ist.
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